Étienne Schneider in Bezug auf die Reformierung des Polizeiapparats

"Hierarchie mit Leben füllen"

Revue: Herr Minister, was muss sich bei der Polizei ändern?

Étienne Schneider: Seit der Polizeireform vor rund 15 Jahren hat sich gezeigt, dass einiges nicht funktioniert. Die Zusammenarbeit ist schwerfällig. Das muss sich ändern. Die gesamten Arbeitsabläufe und die Hierarchie müssen reformiert werden. Zum Beispiel kann in der unteren Laufbahn sehr wenig selbst entschieden werden.

Revue: Die Polizei hat keinen guten Ruf.

Étienne Schneider: Sie hat ein Image -Problem. Natürlich wegen des Bommeleck-Prozesses und den rezenten Gerichtsprozessen gegen verschiedene Polizeibeamten. Auch dies trägt nicht gerade dazu bei, dass die Öffentlichkeit mehr Vertrauen in die Polizei hatte.

Revue: Was wird sich strukturell ändern?

Étienne Schneider: Es stellt sich eine ganze Reihe organisatorischer Fragen, welche die Effizienz betreffen. Wir haben zum Beispiel zu viele kleine Kommissariate in den verschiedenen Gemeinden, die oft nicht zur Zufriedenheit der Bürger funktionnieren, weil es den Beamten unmöglich ist, genügend vor Ort zu sein. Außerdem sind die Öffnungszeiten den Bedürfnissen der Bürger nicht immer angepasst. Dem steigenden Unsicherheitsgefühlt der Bevölkerung muss bei dieser Reform unbedingt Rechnung getragen werden. Es gibt eine Reihe von Ideen. Wir müssen verschiedene dieser Kommissariate zusammenführen, damit dann beispielsweise acht statt vier Beamte Dienst haben. Wir müssen vieles in Frage stellen, was die Organisation der Polizei anbelangt. Bei der Reform vor 15 Jahren wurden Kompromisse gemacht, die in der Realität nicht funktionieren. Wir sollten die Polizei so effizient und so nah wie möglich am Bürger aufstellen.

Revue: Wie gehen Sie vor?

Étienne Schneider: Ich warte erst einmal die internen und externen Audits ab, die im Oktober anlaufen. Sie sollen die Schwachstellen aufzeigen und einfließen in die Gesetzesentwürfe, die ich dann Ende nächsten Jahres im Parlament einbringen will. Es gibt einige Gesetze, die geändert werden müssen. Aber mit dem neuen Team und flankiert von den Audits.

Revue: In den unteren Laufbahnen herrscht schlechte Stimmung.

Étienne Schneider: Es gibt eine Malaise zwischen den oberen und den unteren Laufbahnen der Polizei. Mit einer jungen Direktion können wir das in den Griff bekommen. Bei den Audits soll mit jedem gesprochen werden, nicht nur mit den Offizieren, sondern auch mit der Basis. Ich möchte den Polizisten auch wieder mehr Handlungsspielraum bei einem total belanglosen und unbedeutenden Fehltritt eines Bürgers zugestehen. Wenn man den Polizisten eine Waffe in die Hand gibt, dann sollte man ihnen auch in solchen Fällen zutrauen, selbst zu entscheiden und es gegebenenfalls bei einer polizeilichen Verwarnung belassen. Das würde auch dem Image der Polizei allgemein gut tun. Momentan ist der Polizist dazu angehalten, bei jedem kleinsten und noch so geringfügigen Vergehen zu protokollieren.

Revue: Wie kamen Sie auf die neue Führungsriege?

Étienne Schneider: Ich habe Philippe Schrantz vorher nicht gekannt. Er wurde mir von mehreren Seiten genannt, sowohl aus Polizei- als auch aus Regierungskreisen. Er lebt für die Polizei, hat sie aber aus verschiedenen Gründen verlassen, weil er nicht mehr mit der Führung der Polizei einverstanden war. Ich schlug ihm vor, sein Team selbst zusammen zu stellen, um so zu garantieren, dass die Zusammenarbeit an der Spitze optimal funktionieren kann. Die Übergangsphase, bis die neue Spitze im März 2015 übernimmt, wird noch etwas kompliziert. Wie das geregelt wird, muss ich mit der jetzigen Führung besprechen.

Revue: Bekommt die Polizei ein neues Leitbild?

Étienne Schneider: Das ist bei der Ausarbeitung. Ich bin flexibel darin, welche Reformen wir aufnehmen. Wichtig ist, dass sie der Sache dienen. Alles andere interessiert mich nicht, auch nicht die Kritik, dass ich die Hierarchie übergangen hätte. Letztendlich habe ich als Minister die Verantwortung. Dann muss ich mir auch das Recht herausnehmen zu entscheiden, wer die Polizei führen wird.  

Dernière mise à jour